Dicke Luft auf Schreckenstein by Hassencamp Oliver

Dicke Luft auf Schreckenstein by Hassencamp Oliver

Autor:Hassencamp, Oliver [Hassencamp, Oliver]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-07-25T16:00:00+00:00


Liebevoll mit Blumenschmuck und geblümtem Geschirr auf geblümter Decke war in Fräulein Doktor Horns geräumigem Eckzimmer der Tisch gedeckt. Am Gießhals der Kaffeekanne saß ein geblümter Schmetterling, der sich offenbar als Schnecke fühlte, denn er trug auf seinem Rücken eine schneckenhausgroße Filzrolle, die dazu diente, Tropfen beim Einschenken vor dem Absturz zu bewahren. Auch eine geblümte Teekanne stand bereit, ohne Schmetterling, sowie dreierlei Kuchen auf einerlei geblümten Platten.

Die Gäste hatten beim Eintreten alles gebührend bestaunt, den eingelegten Boden, die Stuckdecke, den prächtigen alten Schrank mit geschwungenem Giebel, den herrlichen Ausblick auf den Kappellsee und Schreckenstein am anderen Ufer und vor allem das geblümte Versorgungszentrum in der Mitte. Nun saßen sie um den ovalen Tisch, ließen es sich schmecken, und der Ausblick auf die Burg bestimmte das Thema.

Ansonsten war es still im Schloß, kein Schritt hallte durch die Korridore. Die Mädchen arbeiteten noch im Garten, und damit sie arbeiteten, hatte die Rektorin das runde Fräulein Böcklmeier und zwei weitere Lehrerinnen hinausbeordert. Nebeneinander, wie Spatzen auf einer Leitung, saßen sie vor der Südfront dem Garten gegenüber in der Sonne und strickten.

Doch der Friede trog. Auf der Flucht vor der Fremdenführung hatten sich Pummel, Ottokar und Andi vorübergehend ins Klo eingeschlossen. Sie waren beunruhigt. Es gab Schwierigkeiten. Pummel hatte im Eßsaal schlechte Funkverbindung mit Eugen, und Ottokar war für seinen gefährlichen Lauschposten auf dem Giebelschrank in Fräulein Doktor Horns Zimmer zu lang. Während sich die Führung im Anschluß an die Wirtschafts—, Klassen— und Verwaltungsräume den Zimmern der Mädchen zuwandte, mußten die Ritter umdisponieren.

Pummel wußte einen Ausweg. „Übernimm du das Funkgerät, ich leg mich auf den Schrank.“

Und sie flitzten zum Zimmer der Rektorin.

„Mann! Ist das eine Blümchenbude!“ wunderte sich Andi.

Mit vereinten Kräften wuchteten sie den Wasserwart zu seinem Versteck hinauf. Ottokar reichte ihm vom Kaffeetisch noch ein Stück Kandiszucker nach. „Da! Als eiserne Ration. Aber lutsch nicht zu laut!“

„Wenn sie dich entdecken, gib sofort Alarm!“ riet Andi.

Pummel winkte ab. „Dann sag ich, ich warte hier auf den Autobus.“

Es war höchste Zeit. Durch die offene Tür hörten sie bereits, wie Fräulein Doktor Horns Stimme sich aus dem Südflügel näherte. Über den Nordflügel schlichen die beiden davon. Vor der Tür zu Sonja Waldmanns Zimmer blieb Ottokar stehen und drückte die Klinke. Es war abgeschlossen.

„Was hast du vor?“ fragte Andi.

„Ich eröffne hier meine Funkstation“, antwortete Ottokar. „Da kann ich das Fenster aufmachen und zur Not auch unters Bett kriechen.“

„Prima!“ sagte Andi, während der Schulkapitän die Tür mit einem Dietrich öffnete. „Dann hol ich meine Uhr, bevor die Hühner kommen. Weißt du zufällig, in welchem Zimmer Bettina wohnt?“

„Keine Ahnung.“

„Macht nichts. Dann schau ich eben in alle Schreibtische.“

Überdurchschnittliche Neugier konnte man Andi nicht nachsagen. Trotzdem machte ihm sein Suchen zunehmend Spaß. Gründlich ging er vor, dabei bemüht, die jeweilige Unordnung nicht zu verändern. Manchmal mußte er lachen. Was die für einen Krimskrams hatten! Da wimmelte es von Kettchen, Amulettchen, Kassettchen, von Ringelchen und Dingelchen, Döschen, Fläschchen, Kämmchen, Schwämmchen, Zigarettchen, Briefchen, Kärtchen, Tagebüchern – manche abschließbar mit Vorhängeschloß – und Fotos, Fotos, Fotos. Von Schlagersängern, die ihre Väter hätten sein



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